Was eigentlich gar nicht geht

Seit einigen Jahren geht einiges nicht.
Manches nicht so einfach, anderes eigentlich überhaupt nicht. So etwas kommt vor, da bin ich nicht die einzige die an manchen Stellen um vieles kürzer treten muss. Das gehört eben akzeptiert, schau in die Welt, da haben andere ganz andere Probleme. Wenn manches nicht geht, dann handelt es sich manchmal fast schon um ein Luxusproblem.

Naja, Luxus. Das wäre dann auch schon wieder untertrieben, denn wenn die Seele sehnsüchtig wird, dann sollte man sich öfter auch mal etwas gönnen können, aber vor dem Wichtigen stehen eben die elementaren Dinge und dazwischen liegen zwölfdrillionen Galaxien, also jammere nicht wenn seit Jahren einiges leider nicht geht.

Vor einer Woche allerdings, wurde ich übermütig.
Äußerst übermütig in der Entscheidung, dass es jetzt einfach gehen muss. Dass es an der Zeit ist etwas möglich zu machen, das eigentlich überhaupt nicht drin ist. Weil die Sehnsucht groß und der Herzenswunsch diese zu teilen und zu schenken übermächtig geworden ist. Und weil wir uns, kurz bevor wir irgendwann in die Gruft fallen, ausschließlich an die Dinge erinnern werden, die wir erlebt und ermöglicht haben.

Wir werden nicht an die huntertausend Alltage denken, sondern an die herzsprühenden Wahnsinnigkeiten dazwischen. Dann wenn sie nicht mehr nachzuholen sind, wird aus all dem nur „eigentlich Wichtigen“ plötzlich Elementares werden. Und wenn du das alles weißt mein Herz, dann sei doch so klug und mache endlich mal wieder das, was eigentlich nicht geht.

Vor einer Woche habe ich genau das getan. Ich habe gebucht.
Was eigentlich gar nicht geht, was aber erfüllte Sehnsucht und Glück sein wird, als Überraschung geteilt und somit verdoppelt. Und ich habe mich ab dieser Sekunde selbst unglaublich dafür geliebt. Das wilde Ding in mir, das trotzige und sprühende. All das was mich ausmacht, wenn sonst nichts mehr bleibt. Und das was bleibt, wenn nichts anderes mehr zählen wird. Nach so vielen Jahren, oft verschoben und endlich genau richtig: 24 Stunden Paris.

Zwei Tage später wurde Paris weltweit zum Inbegriff das wahnsinnigen Terrors gegen die westliche Welt. Gegen humanitäre Freiheit, gegen Respekt und Akzeptanz gegenüber Meinungsfreiheit, allen Glaubens- und Lebensformen, individueller (auch sexueller) Selbstbestimmung und geschlechtlicher Gleichstellung. Was bei 130 getöteten Menschen – man verzeihe mir bitte die Formulierung, sie ist sicherlich nicht despektierlich gewählt – gar nicht geht.

Das geht so ganz und gar nicht, das geht ganz und gar an allem vorbei, was mir Werte- und Lebensgrundlage ist, das ist so jenseits aller akzeptablen Vorstellung und vor allem ist es erst der Beginn eines Terrorkrieges des „Islamischen Staates“ , der mit muslimischen Glauben so wenig zu tut hat, wie christlich mit CDU, Gericht oftmals mit Recht oder Sexualität mit Sünde.

Und weil das alles überhaupt nicht geht, sondern dem Schatten nur mit Licht beizukommen ist und dem Wunsch nach Vernichtung nur mit Leben, werden wir an unserem Jahrestag selbstverständlich trotzdem fliegen. Wir werden absolut nichts von dem unterlassen, was uns Glück und erfüllte Sehnsucht bringen wird.
Wir werden Anfang Dezember durch ein vielleicht mit Glück schon leicht verschneites Paris schlendern, wir werden lachen und uns lieben, die Seine entlang und rauf zum Sacrè-Coeure, wir werden furchtlos in Straßencafes sitzen und unterm Eifelturm stehen. Und das einzige was ich dabei immer im Anschlag haben werde, wird meine Kamera sein. Um Augenblicke, Erlebtes und Empfundenes festzuhalten.

All das, was eigentlich gerade gar nicht geht.
Aber was zu den Dingen gehören wird, die wir noch lächelnd erinnern werden, wenn nichts mehr bleibt. 24 Stunden voll und ganz Paris.

Candy Bukowski

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