Vor einem Jahr habe ich über das geplante Asylantenheim in Hamburg-Harvestehude geschrieben. Darüber, wie die dort lebenden Millionäre Schiss um ihre verdammte, heile Welt im Louis Vitton Täschchen bekommen und rechtlich gegen ungeliebtes „Menschenpack“ aufrüsten ….
In diesen Tagen haben sie gewonnen.
Nach Gerichtsbeschluss werden die 220 Migranten _nicht_ im reichen Harvestehude untergebracht, was vermutlich sogar Glück für die Flüchtlinge bedeuten wird, auch wenn die weiter vorangetriebene Ghettoisierung nach Wilhelmsburg, die Veddel & co. auch keinem Glück bringen wird.
Die richterliche Entscheidung ist skurriler Weise bereits mit Verkündung unanfechtbar. So macht man das heute, wie gestern und vor langer, langer Zeit. Die reiche Dekadenz kauft sich frei, fröhnt dem Lobbyismus und verschanzt sich in gesichterten Vierteln vor menschlichen Herausforderungen. Mitten in Hamburg, dem so oft, stolz genannten „Tor zur Welt“.
„Eure Armut kotzt uns an“. Das mag ein Satz sein, der hinter den Türen der Villen in Harvestehude gerne gedacht und sicherlich auch gesprochen wird.
Jedem das seine.
Aber seid Euch ebenso sicher, werte Millionäre, die ihr ganz bestimmt nur durch rechtschaffendste Arbeit Euer Glück in Gold gießen konntet… ihr habt vielleicht in Eurer Welt gerade ein Recht zugesprochen bekommen, das Euch richtig erscheint. Aber es ist ebenso falsch, wie ihr beschämend seid. Und da ihr trotz all Eurer Kohle von diesem gemeinsamen Planeten noch lange nicht herunterkommen werdet, werdet Ihr Euch über kurz oder lang deutlichst mit der gesellschaftlichen Schere konfrontiert sehen, die Ihr bis zum Exzess schleift.
Sprecht nicht noch einmal von Moral und Anstand, solange Ihr mit Champagner Eure Siege über den kleinen, fremden, mittellosen Menschen begießt, der nach Eurer Aussage „mit einem erheblichen Störungspotential verbunden ist, das Eurem Lebenraum unverträglich sei“. Vertraut nicht auf Eure Ablassbriefe, schmückt Euch nicht mit Spenden, die nur dazu dienen, Ungemach möglichst weit von Euch zu fernhalten. Sie sind damit wertlos.
Schämt Euch!
Candy Bukowski
Auch zum Thema: Oliver Diesen vom Blog „Zeilensturm“
Ich hätte nie gedacht, da einmal hinzukommen … aber: der alte Schlachtruf „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ bekommt über die Jahre einen ganz neuen Geschmack für mich. Nicht, dass ich ihn und das, was da dran hängt, will. Aber ich fange an, seine Notwendigkeit zumindest für denk- und vertretbar zu halten. Ein schlechtes Zeichen, irgendwie.
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Oja, das geht mir ganz ähnlich. So wie der geschätzten Käthe, einen Kommentar weiter. Friediebende, aufgeklärte Menschen aus dem Bildungsbürgertum, denen gar nicht so langsam der Kamm schwillt. Nicht gut. Erschreckend eigentlich. Und doch das recht logische Ergebnis einer verheerenden Sozialpolitik.
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Beschämend, in der Tat. Und aus der Scham erwächst die Wut. Weil einem die Verhältnislosigkeit die Kehle bittert. Auf der einen Seite Mammon, der nie ausgegeben werden kann und scheinbar doch nicht reicht und auf der anderen das Infriedenlebenwollen. Und das allerorten. Die Welt wird zum Pulverfass. Vielleicht muß das so sein und die Geschichte wiederholt sich immer wieder, doch dieser Gedanke ist so verdammt zynisch düster…
Ratlose, doch herzliche Grüße, Deine Käthe.
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Liebe Käthe, ja, erschreckend, nicht wahr? Meine Wut wächst und sie ist nur ein Staubkorn in diesem ganzen Getriebesand. Ich habe vor etlichen Jahren in der Manageretage der bekannten „Tochter“ eines US amerikanischen Unternehmens gearbeitet. Einmal jährlich musste das gesamte Haus an die Basis und hat neben den ungelernten Kräften eine Woche lang „Dreckarbeit“ verrichtet. Ich fand das sehr sauber, es hat sehr geerdet und man ging mit großer Dankbarkeit und einem frischen Blick für Notwendigkeiten der Abläufe dort, zurück an seinen Schreibtisch.
Dieses Prinzip würde ich mir für unsere Gesellschaft und Politik wünschen. Eigentlich eine Kleinigkeit. Eigentlich…
Ein herzlicher Gruß an Dich! Candy
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Eine Kleinigkeit, die aber einigen vielleicht doch den Horizont mächtig erweitern könnte. Ich will nicht einstimmen in das Ihrdaoben-Wirhierunten- Heulen, weil ich ja eigentlich so mittendrin immernoch verdammt gut dastehe, aber der Realitätsverlust der Priveligierten ist schon erschreckend.
Wütend macht bei Deinem Beispiel der begleitende Zynismus: Menschen, die einfach Krieg, Hunger oder Folter entkommen wollen, als unverträgliche Störung im eigenen Lebensraum zu bezeichnen, das macht einen schon sprachlos.
Auch bleibt ein schaler Geschmack, wenn man die eigenen Möglichkeiten bedenkt. Wie ureigen helfen? Reicht die Unterstützung der einen Familie vor Ort und regelmäßiges Spenden an Organisationen, von denen die eigene Meinung am besten vertreten scheint?
Ach, Candy, danke für Deine Sachlichkeit bei so einem emotionalen Thema, ich schneide mir eine Scheibe davon ab.
Einen friedlichen Donnerstag wünsche ich Dir und Deinen Lieben, Deine Käthe.
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Ich würde da auch kein Flüchtlingsheim bauen wollen. Es passt einfach nicht hin.
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Ach? Passt da nicht?
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Kennst du die Gegend?
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Natürlich. Und es gibt keinen Grund, das Gefühl, es würden ausgerechnet dort andere Menschen nicht passen, zu überdenken und seinen Anteil als Hamburger Bürger zu übernehmen.
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Ich bleib dabei.
Das durchzusetzen gäbe nur sozialen Unfrieden.
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Hm, der soziale Unfrieden ist längst da. Er ist mit dem Verlust der notwendigen echten Mittelschicht, der Gebildetenarmut unter Familien, Alleinerziehenden, einer Gesellschaft in der Kinder ein Armutsrisiko darstellen und soziale Hilfe zu Hartz4ler Ausgrenzung verkam, angekommen. Das hier ist dabei fast nur noch ein lächerliches Sahnehäubchen auf einer längst gekippten Gesellschaft des Ungleichgewichts.
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Mir ist das viel zu viel Gejammer und dieses ewige Geschrei nach dem Staat.
Jeder kann etwas aus seinem Leben machen, egal wie unglücklich die Kindheit war.
Solange die Ansprüche so hoch wie heute sind und der Neid auf den Nachbarn größer als die eigene Brieftasche, wird es immer schwierig bleiben.
Hauptsache, man bekommt den Urlaub vom Amt bezahlt. Da wird mir ganz anders…
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Tja, da bekommst du gerade anscheinend einiges durcheinander.
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Ich hab nur viel auf der Agenda.
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Liebe Candy, ich bewundere, wie schmeichelnd ehrlich und pragmatisch-menschlich du dieses quasi-politische Thema zielgerichtet an „sie“ richtest, und dabei nicht mal Contenance verlierst. Das schaffen nur die wenigsten, und keine, die ich kenne.
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Hallo Mo, danke :) Es bringt ja sowieso nichts, aber noch weniger bringt es, als Kritiker unter der Gürtellinie zu haten. Ich wünsche mir einfach, dass es (auch) im Netz deutliche Gegenstimmen zu diesem beschämenden Thema gibt. Keine Pöbeleien, sondern Stimmen, die zumindest in ihrem Stil, nicht einfach abzutun sind. Hey! Schön, dass Du wieder hier bist! :)
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Plietscher,
Gejammer kann ich hier wirklich nicht erkennen, sondern lediglich das Aufzeigen von Ungerechtigkeiten. Und die nehmen, zumindest für div. Personengruppen, immer mehr zu.
Schön, dass Du (noch) keinen Grund hast, Dich zu beklagen, aber das kann sich auch schnell ändern….
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Hier ein kleines Zitat für die asozialen Bewohner von Harvestehude, Pöseldorf & Co.:
„Ein Sturm zieht auf […]. Sie und Ihre Freunde sollten lieber in Deckung gehen, denn wenn er losbricht, dann werden Sie sich alle fragen, wie Sie so maßlos leben können, und uns anderen dabei so wenig lassen.“
Die fetten Jahre sind bald schon vorbei.
Eure Lisa
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