Bei meiner Piratenehre

Bei meiner Piratenehre – und viel mehr habe ich nicht, was an Land nicht wirklich zählt, aber unter uns Seeleuten, da gilt sie was – bei meiner Piratenehre, ich werde mich heute nicht irgendwo vergessen, bevor ich dich nicht verabschiedet habe.
Weiß der Himmel, es gäbe genug Grund dich zu hassen und an manchen Tagen habe ich das auch getan. Aber die Wahrheit ist, soweit es Wahrheit geben kann, ich muss dir dankbar sein. Und wollen, wollen tu ich das auch.

Du hast mich fliegen lassen. Und anschließend so tief in mich zurückgeworfen, dass ich mir selbst, weit unten, kein Stückchen mehr entgehen konnte. Dir habe ich so oft wieder blind vertraut, bis mir die Augen tränten. Aber dann, dann habe ich hingeschaut. Dank dir hatte ich ein wundervolles Haus, ganz weit ans Zukunftsende, hingebaut. Und es ist gerade scheißegal, dass es auf deinem Sand nie stand. Nie stehen konnte, denn dass ich es wieder bauen kann, bleibt von deinem Boden unberührt.

Dank dir bin ich soweit in die Knie gegangen, dass ich wieder Boden fühlen konnte. Und als du fort warst, kam ich mir selbst so nahe, dass es mich endlich wieder gab. Du warst mir so viel Spiegel, dass das Außen fast verlor. Aber als du ihn zerbrachst, da konnte ich mich besser wieder sehen, als zuvor.

Du hast mir alle Kraft gekostet und mich auszusaugen, habe ich dir schließlich ja erlaubt. Jedes böse Wort und jede deiner Lügen hat mich am Ende doch, meiner Wahrheit entgegen gebracht. Und dass ich heute endlich wieder weiß, was ich nie wieder akzeptieren möchte, dafür schulde ich dir meinen tiefsten Dank. Dass da auch Liebe war, inmitten der Verzweiflung, das glaube ich dir heute mehr als je zuvor. Und ja, ich erinnere mich gut, an all die Gesichter die sie trug. Und die Schwäche, die ich dir wurde, die alle Stärke mit sich nahm. Wie Ertrinkende geliebt, das haben wir uns wohl. Und wenn ich heute wieder atmen kann, dann danke ich dir für den Kampf. Denn ganz unten, weit am Meeresboden, wächst der Mut.

Du hast mich stark gemacht, mir selbst wieder zu trauen. Auf wirrsten Wegen habe ich mich gesucht und habe sie durchgestanden. Heute danke ich dir, für jeden einzelnen Betrug. Weil außen wie innen ist und ich hatte mich um so viel selbst betrogen. Hättest du mich nicht mehrfach durchgebrochen, ich würde heute noch in Einzelteilen stehen und hätte aus Stolz verpasst, sie nackt und ungeschönt zu zeigen. Mir selbst. Und denen, die in Einzelteilen Möglichkeiten sehen.

Und wenn ich sage du, dann meine ich dich. Und mich. Und das ganze, lange Jahr. Weil all das nicht zu trennen war. Alles ist eins. Der Schmerz, die Wut, Versagen und Verzeihen. Wir haben immer mit uns selbst zu tun.Und was immer heute abzuschließen ist, ich möchte das mit einem Lächeln nehmen.

Dort draußen warten Schiffe und manches läuft auch in Zukunft noch auf Grund. Doch wenn ich heute lächeln kann, dann hast du Teil daran. Und wenn ich sage du, dann meine ich dich und mich und das ganze, lange Jahr.

Candy Bukowski

17 Antworten auf “Bei meiner Piratenehre”

  1. Liebe Candy ;-)
    welch wunderbare Art, wie du dein Jahr und dich darin beschreibst! Ganz große Klasse!! Eine huldvolle Verneigung für deinen heutigen Beitrag, der den Abschiedsgesang auf 2014 kürt.
    Ich wünsche dir für das kommende Jahr ganz viel Erfolg und deine Träume und Wünsche in erreichbare Nähe rücken, damit du sie nur noch vom Baum pflücken brauchst. Vor allen anderen Dingen aber, möge die Gesundheit dich bis in die kleinsten Ecken deines Körpers verfolgen und dich gut in Wohlfühlwatte einpacken.
    Ganz liebe Grüße
    Heike

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  2. Ich wünsche dir ein gutes, starkes, schweres Schiff fürs nächste Jahr. Eines, das den Stürmen trotzt, auf dem so hart gearbeitet wie getrunken wird, auf dem die Mannschaft passt und mit dem du allen Widrigkeiten und Weltmeeren trotzt.

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  3. lass uns den grossen, dicken Dampfer besteigen, die Wellen nehmen, wenn sie kommen und die Stürme auch, lass uns zerschellen und wieder neu zusammensetzen und am Ende lachen …

    das ist wieder so ein wunderbarer Candy-Bukowski-Text, danke dafür, ich freue mich auf mehr …
    liebe Grüsse Ulli

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  4. Auf ein Neues, liebe Candy! Noch ist es jungfräulich und wartet darauf, dass es gefüllt wird. Mit Erleben, mit Gefühlen, mit neuen Höhen, die aus den Tiefen erwachsen. Ich wünsche dir ein gutes Jahr, indem sich Träume erfüllen und das Schiff erhaben über das Meer segelt und den Stürmen trotzt.

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