Frau Perle ist emsig

Über Frau Perle konnte man sicherlich vieles behaupten, aber nicht, daß sie nicht emsig sei. Wie sie da gerade herumwerkelte, das feuchte Fensterleder in der Hand und in alle Ecken kriechend, hoch engagiert um auch der letzten Wollmaus Herr zu werden.

Sie hatte beschlossen, Putzen künftig sportlich zu nehmen. Manche Dinge muß man sportlich nehmen, fast schon ehrgeizig. Besonders jene, die sich eher spaßbefreit präsentieren, die muß man so richtig bei den Hörnern packen, einmal herumwirbeln, ein Tänzchen mit ihnen wagen, bis es ihnen schlecht wird, vor lauter guter Laune.

Dann kann man sie lachend in die Ecke schleudern und ihnen zurufen „Ha! Da hast Du spaßbefreites Ding nicht damit gerechnet, was? Und jetzt kusch, mach Dich nützlich, gib Spaß zurück, wir sind ja nicht hier um Maulaffen feil zu halten und uns gemeinsam zu langweilen!„.
Dann sind sie enorm verwundert, die ollen Spaßbremsen, robben devot ein wenig über den Boden und geben sich geschlagen.

Weshalb Frau Perle jetzt auch sagte, sie mache Sport, wenn sie in Wahrheit die Wollmäuse domptierte und den Feudel schwang. Damit kamen die Spaßbremsen so gar nicht zurecht, daß sie nicht einmal namentlich genannt, sondern veralbert wurden.
Nicht ernst genommen, dafür effektiv erledigt. Hopp und weg und rack und zack, in die Regale und unterm Sofa durch und hoch zu den Lampen, – wie lange waren die denn eigentlich schon nicht mehr angefasst worden? Alles im Powertempo, wie auf dem Stepper bei McFit, damit beim Sport auch was herauskam, an Oberschenkelstraffung und freiem Kopf und echtem Ergebnis. Damit da auch etwas voran geht, bei dem was manchmal halt so kommt.

Früher hatte sie mal eine Putzfrau gehabt.
Als sie unheimlich geschäftig viel unterwegs und immer auf dem Sprung war, von einer Stadt in die andere. Geschäfte hier, Geschäfte dort, die Reisetasche mit den vielen weißen Blusen im Kofferraum und abends ab ins Hotel, Freitags zurück nach Hause.

Da hatte sie nicht selbst geputzt, das wäre große Verschwendung gewesen, von der wenigen Zeit, die für Privates blieb. Und es ist ja auch so eine Sache mit den Putzfrauen, die mitten durch dein Leben marschieren und es in die Hand nehmen, um es abzustauben und blank zu wienern, und dabei deine angebrochenen Chipstüten unter dem Bett finden, neben dem vergessenen Vibrator, und private Post unterm Telefon und wer weiß was noch alles, mit dessen Ordnung man sich selbst nicht belasten möchte, im Moment.

Günstig im Unterhalt, aber äußerst ungünstig für die Intimsphäre, so ein guter Geist im Haus. Der ja meist auch wenig effektiv, sondern mit einer gewissen Nonchalanche großzügig an den versteckten Ecken vorbei wischt.
Wenn auch keine wirkliche Lebensaufgabe, ein wenig echten Einsatz für eine Aufgabe, die so schwer nicht ist, kann man doch erwarten.

Frau Perle selbst war da einfach anders, sie hatte immer gemanagt und strukturiert, organisiert, angepackt und effektive Pläne gemacht. So wie eben auch jetzt, beim aktuellen Sportspaß a´la McFit, in einer Muckibude, die es wirklich nötig hatte.
Alles strukturiert von oben nach unten, das eine trocken, das andere feucht, mit Tempo bitte und und schließlich mit einem großen Schwung durchs große Ganze, zusammengewischt und endkontrolliert.

Sie sah sich kritisch um.
Perfekt. Ein frisches Wunderwerk an Reinheit.
Keine Ecke ignoriert. Und top in der Zeit.
Sie war äußert zufrieden mit sich.

Ein kurzes Aufblitzen von gedanklichem Übermut.
Wenn man bekanntlich an seinen Herausforderungen wachsen konnte, – war es dann eventuell auch möglich, an ihnen zu schrumpfen?
Ein interessanter Gedanke. Sie würde sicherlich Zeit finden, ihn zu durchdenken.
Die gute Frau Perle.

Sie nahm ihre Jacke vom Haken, legte den Haustürschlüssel auf den Esstisch, steckte den für sie bereitgelegten Geldschein ins Portemonnaie und zog die Tür hinter sich ins Schloß.

Schlechte Zeiten für Manager.
Und für Perlen.
Aber manche Dinge muß man eben sportlich nehmen.

Candy Bukowski

7 Antworten auf “Frau Perle ist emsig”

      1. Wir haben eine, aber die sieht sie nicht. Wir hatten mal eine, die war eine Sensation. Die hat sich jede Woche ein Sonderthema selbst ausgesucht und das war dann so blitzeblank wie es selbst fabrikneu nicht war.

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  1. Interessant! In meinen Entwürfen geistert ein noch nicht fertig fabriziertes Textchen über einen ähnlichen Gedanken herum … the physical benefits of housekeeping. Vielleicht wirds irgendwann was.

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