Ihre linke Hand liegt auf einem Kissen.
Einem gelben. Als sie nach so vielen Jahren wieder einmal eine eigene Wohnung bezog, wusste sie nicht viel, aber dass das Schlafzimmer künftig nicht mehr schwarz und düster, sondern sonnengelb und freundlich sein musste, das wusste sie noch vor der Schlüsselübergabe. Und es war freundlich und warm geworden. Orangefarbene Vorhänge, leicht transparent, die am Morgen den Tag auch herein lassen und nicht aussperren. Viele sonnengelbe Kissen auf dem breiten Bett.
Auf einem solchen ruht nun ihre linke Hand. Entspannt, bewegungslos.
Die rechte streift fast unmerklich über ihren Oberschenkel. Von der Innenseite bis hoch zu Leiste. Sehr zart, unaufgeregt, ziellos.
Einige Minuten lang, im Rhythmus des Atmens im Raum.
Es herrscht Stille. Angenehme Stille, warm wie das Gelb.
Und es bleibt still, auch als die linke langsam damit beginnt, sich zu bewegen. Alle Fingerglieder immer wieder nach oben zieht, die Spannung hält, sie langsam wieder lockert und auf den sonnigen Widerstand zurücksinken lässt. Eine sanfte Welle an Bewegung. Anspannend, nachgebend. Wieder ruhend.
Die rechte ist in ihrer Bewegung verharrt und flattert nur minimal an unveränderter Stelle. Sie tut nichts, sie wartet. Pulsiert kaum merklich in den Spitzen, sanft angelegt an warme Haut.
Das gesamte Leben wandert in die linke. Aus der sanften Welle wächst leichte Brandung und in diese greift sie mit der vollen Hand. Wühlt sich wiederholt ins Gelb, knetet das Weich, schließt sich für einige Sekunden zur Faust, um dann wieder kurz nachzulassen und neu zu greifen.
Bedächtig hangelt sie sich mit allen Fingern am Kissenrand entlang. Nach oben, dort wo das sonnige Gelb ans Kopfende des Bettes stösst. An dieser Stelle wechselt sie die Materie und verschlingt sich um hartes Metall. Finger für Finger, zunächst nur im sicheren Griff, Halt suchend und findend.
Verändertes Atmen im Raum. Tiefer, hörbarer.
Und ihre Hand passt sich an, verschmilzt feucht mit der kühlen Glätte, legt alle Kraft in ihren Griff, bis die Fingerknöchel hervortreten und Nägel mondsichelförmige Zeichen im Handballen hinterlassen.
Unlösbarer Kraftpunkt links.
Fest verankert in Metall.
Bewegungslos angespannt.
Da endlich löst sich die rechte aus dem Warten und greift in die Mitte. In langes Haar, in einen starken, nachgebenden Nacken. Sie lässt aus sanften Fingerspitzen spürbaren Druck wachsen. Verschlingenden, fordernden, deutlichen Druck.
Weit über den tiefen, dunklen Schrei hinaus.
Die linke hat sich aufgegeben und kehrt entspannt zurück zum Gelb.
Die rechte, wieder zärtlich, streicht an einem warmen Hals entlang, und wird unter dem Oberschenkel von einer dritten erwartet.
Zehn Finger gleiten sanft ineinander und schließen sich zu einer gemeinsamen Hand.
Candy Bukowski